Joseph Delmont

Das Recht aufs Dasein
R: Joseph Delmont. D: Joseph Delmont, Fred Sauer. P: Eiko-Film GmbH. D 1913
Print: EYE Collection
Dutch intertitles

“This was the period when Germany began to develop a number of genres that would become typical for its reputation as a distinct national cinema. Vitality and wit emanated, for instance, from the films of Joseph Delmont, whose feeling for the excitement of the metropolis made him depict Berlin in Das Recht aufs Dasein (The Right to Exist, 1913), gripped by a construction and housing boom. While the surreal slapstick comedies of Karl Valentin have often been noted, comedies like Franz Hofer‘s Hurrah, Einquartierung! (Hurrah! We are billeted, 1913) (…) anticipate Ernst Lubitsch‘s frantic farces from the mid-teens. Outstanding among other genres were sensational melodramas and detective films, featuring a star detective with an Anglicised name. The films cast a fascinated eye on modern technology, on the mechanics of crime and detection, with protagonists revelling in disguises and engaging in spectacular stunts, especially for frequent chase scenes, as in Max Mack‘s Wo ist Coletti? (Where is Coletti?, 1913) (…).”
Thomas Elsaesser in: Richard Abel (ed.): Encyclopedia of Early Cinema. Taylor & Francis 2005, p. 271

“Delmonts Film Das Recht aufs Dasein (1913) verbindet die kinematografische Wahrnehmung mit dem sozialen Thema eines Haftentlassenen, der zu Unrecht für einen Mörder gehalten und verfolgt wird. Der Zuschauer weiß von Beginn an, dass der Held unschuldig ist – ein Wissensvorsprung, der seine Aufmerksamkeit auf den dramatischen Verlauf von Flucht und Verfolgung in Erwartung eines glücklichen Ausgangs lenkt. Zugleich wird sein Blick frei für das physische Geschehen mit seinen spektakulären Details, also für die filmische Realität: die in Groß- und Naheinstellungen eingefangenen kriminalistischen Ermittlungen; die Hetzjagd durch das graue Industrierevier einer Großstadt; cross-cuttings zwischen dem Verfolgten und seinen Verfolgern; Kamerablicke in einen am Fenster angebrachten Spiegel (einen ›Spion‹, der die Überwachung der Straße ermöglicht); Vertikalschwenks über eine in extrem spitzem Winkel aufgenommene Hausfassade oder, senkrecht von oben gefilmt, ein Balanceakt des Flüchtlings zwischen Eisenbahnwaggon und Lokomotive.”
Klaus Kreimeier: Traum und Exzess. Die Kulturgeschichte des frühen Kinos. Wien 2011, p. 334

Further reading:
Claude Rieffel: Le doigt révélateur (French)

Der geheimnisvolle Klub
R: Joseph Delmont. D: Fred Sauer, Ilse Bois, Joseph Delmont. P: Eiko-Film GmbH. D 1913
Inspired by Robert Louis Stevenson’s “The Suicide Club
Print: EYE Collection
Dutch intertitles, Engl. subtitles

Der geheimhsvolle Klub verlegt Stevensons unheimliche Geschichte vom neblig trüben London in das klare Licht holländischer Originalschauplätze. Er enthält technisch brillante Aufnahmen vom Rotterdamer Hauptbahnhof, einer Stahlkonstruktion, den städtischen Promenaden, Banken und Geschäften, den Grachten, dem Strand von Scheveningen, den Badeanlagen, Jahrhundertwende-Hotels und dem damals noch jungen Radfahrsport. (…)
Die Protagonistin (…) gibt schon in der ersten Einstellung den Eindruck einer modernen jungen Frau, sportlich gekleidet, die sich ungezwungen in dem großzügigen Park, der das Haus ihres Vaters umgibt, bewegt. Bizarr in diesem gepflegten mitteleuropäischen Milieu wirkt ein ständiger Begleiter und Spielgefährte der Konsulstochter, ein ausgewachsener Affe (…), gebändigte Gestalt ihrer Faszination durch das Andere, das Nicht-Rationale, das Un-Zivilisierte, nach kurrenter Darwinscher Theorie die vorgeschichtliche Vergangenheit des Menschen selber.”
Heide Schlüpmann: Unheimlichkeit des Blicks. Basel/Frankfurt am Main 1990, S. 130, 132

Zur Technik der Virage
“Bereits vor der Erfindung des Mehrschichtenfarbfilms gab es farbige Kopien, die mit mehreren Verfahren produziert wurden: (1) Bei der Virage (engl. tinting, frz.: tintage) werden Teile einer Schwarzweißkopie in Bäder mit organischen Farbstoffen gelegt. Die Farbstoffe lagern sich in der Gelatine des gesamten Filmbands an und färben dieses in der gewünschten Farbe ein. Die Virage erkennt man daran, dass bei der Vorführung die transparenten Bereiche des Bildes (Himmel mit Wölkchen, helle Kleidung, Schaumkronen auf dem Meer etc.) die Farbe tragen, während sie auf den dunklen Stellen nicht zu sehen ist. (2) Bei der Färbung (engl. toning, frz. virage) werden schwarzweiße Filmteile ebenfalls in Bäder gelegt. Ein chemischer Prozess tauscht das im Bild enthaltene Silbersalz gegen Farbsalze aus, die u.a. auf der Basis von Schwefel (gelb), Kupfer (rot) oder Eisen (blau) hergestellt wurden. Bei diesem Verfahren sind die vorher dunklen, d.h. silberhaltigen Teile des Bildes nun farbig, während die hellen Stellen (die wenig Silbersalz enthielten) die Farbe kaum angenommen haben. Tinting und toning lassen sich gemeinsam anwenden, wodurch Farbkombinationen entstehen. Bei beiden Prozessen müssen nach dem Trocknen die eingefärbten Teile in der richtigen Reihenfolge aneinander montiert werden, so dass das Endresultat viele Klebestellen aufweist.
In Deutschland wurden Stummfilme bis Mitte der 1920er Jahre auf diese Weise farbig gemacht; danach erhielten fast ausschließlich nur noch Nachtszenen eine blaue Einfärbung (tinting-Methode), damit diese als solche eindeutig zu erkennen waren.”
Lexikon der Filmbegriffe

TRAUM UND EXZESS, S. 333 f.

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